20 Schüler aus sechs europäischen Ländern haben vier Wochen lang beim “Sommer im Schloss” die Region und ihre Unternehmen kennengelernt. Nun endete das Projekt der Dualen Hochschule.
Bad Mergentheim. “Der Deutschunterricht hier ist viel interessanter als in Italien”, sagt Micol Lubian. So sei beim “Sommer im Schloss” zum Beispiel der Grammatikteil erfreulich kurz ausgefallen. Was die 18-Jährige aus der Nähe von Padua beschreibt, ist Teil des Konzepts des von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) erdachten Bewerberseminars. “Wir machen hier keinen Unterricht wie in der Schule”, erklärt Projektleiter Stefan Riedl.
Natürlich wurde auch an Elementen wie der Aussprache gefeilt. Im Prinzip ging es aber darum, den Schülern die Kommunikation in Deutschland und vor allem in deutschen Unternehmen näher zu bringen. Dabei stießen teils unterschiedliche Kulturen aufeinander, wie Riedl berichtet. So sei es für die ausländischen Schüler teils ungewohnt gewesen, dass sich in manchen Unternehmen hierzulande alle Mitarbeiter duzen. Ein Teilnehmer hätte erstaunt festgestellt: “Der Chef schreit ja gar nicht”.
Interessante Dachfenster
Auch Themen, mit denen sich die Schüler in ihrem Alltag nicht beschäftigen, sollten ihnen nähergebracht werden. “Wir zeigen zum Beispiel, wie interessant ein Dachfenster sein kann”, erklärt Riedl.
Bei einer Abschlussveranstaltungen im Schloss präsentierten die Jugendlichen nun, was sie während des Projekts erlebt und in fünf Gruppen erarbeitet hatten. Campusleiter Professor Seon-Su Kim und der begleitende Professor Enrico Purrle überreichten ihnen anschließend die Teilnahmezertifikate.
Unter der Woche hatten die Schüler vormittags immer Deutschunterricht. Nachmittags besuchten sie Unternehmen, übten Präsentationen und erstellten ein Journal. An den Wochenenden gab es Ausflüge, zum Beispiel nach Würzburg, Stuttgart und Heidelberg. Begeistert waren die Schüler vom Schlossgarten in Veitshöchheim und vom Mergentheimer Volksfest.
Eine wichtige Veranstaltung im Rahmen des Projekts war das “Speed Dating”, bei dem die Schüler und die sechs Partnerunternehmen des “Sommers im Schloss”, die Gelegenheit hatten, sich in kurzen Gesprächen näher kennenzulernen. Die Suche nach Nachwuchs ist das Hauptziel des Projekts, das vor fünf Jahren von Partnerunternehmen der Dualen Hochschule initiiert wurde. “Die Unternehmen finden nicht genug Fachkräfte in Deutschland”, erklärt Campusleiter Kim. Daher werde nun bewusst im Ausland gesucht. Die Schüler kamen teils aus Ländern, in denen Unternehmen aus der Region Niederlassungen haben, wie zum Beispiel Ungarn. Daneben waren Italien, Bulgarien, Estland, Lettland und die Slovakei unter den Herkunftsländern vertreten. Elf der 20 teilnehmenden Schüler wurden von Partnerunternehmen der DHBW zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Zwei Teilnehmer haben schon ein Stellenangebot zugesagt.
Eine davon ist die 17-jährige Ayten Pamuk aus Bulgarien. Sie macht nächstes Jahr Abitur und wird ab September 2018 bei TecAlliance in Weikersheim arbeiten und Wirtschaftsingenieurwesen studieren. Sie interessiert sich besonders für Elektromobilität. Pamuk lernt seit vier Jahren deutsch, ist aber für den “Sommer im Schloss” zum ersten Mal ins Land gekommen. Die Region und die Menschen haben ihr gefallen. Gerne würde sie auch nach dem Studium hier leben und arbeiten.
Vorstellungsgespräch
Noch keine Zusage, aber schon ein Vorstellungsgespräch hat der 17 Jahre alte Artur Nafradi der aus der Nähe von Budapest kommt. Er lernt bereits seit mehr als zehn Jahren deutsch und besucht ein zweisprachliches Gymnasium, an dem zum Beispiel auch Geschichte und Erdkunde auf deutsch unterrichtet wird. Er war schon mehrmals in Deutschland unter anderem in Köln und am Bodensee und hat hier Freunde und Bekannte. Auch er würde gerne nach der Schule im Taubertal arbeiten und “International Business” studieren.
Willkommenskultur
Die letzte Entscheidung darüber, wer eingestellt wird, liegt bei den Unternehmen. “Darauf haben wir keinen Einfluss mehr”, erklärt Campusleiter Kim. Doch selbst wenn nicht alle Schüler direkt eine Stelle finden, ist “Sommer im Schloss” seiner Ansicht nach ein Erfolg. Ziel des Projekts sei es auch, eine deutsche “Willkommenskultur” zu vermitteln und den Schülern die Region und ihre Bewohner näher zu bringen: “Die Schüler sollen sich hier wohlfühlen, dadurch werden auch eventuelle Vorurteile abgebaut”. Inzwischen gebe es an der DHBW schon einige Studenten, die in den letzten Jahren an “Sommer im Schloss” teilgenommen hätten und das Projekt unterstützten.
Projektleiter Riedl ergänzt: “Ein Ehemaliger hat sich sogar extra vier Tage freigenommen, um dabei sein zu können”.
Ich bin Matthias, 22 Jahre alt. Meine Ausbildung zum IT-Systemkaufmann bei der TecAlliance GmbH habe ich im September 2015 begonnen. Seit dem konnte ich viel erleben und meine Wissen in sämtlichen Teilen der IT und dem Kaufmännischen Wesen verbessern.